Ein Nachruf von Heiner Engel
Klaus Wächtler
Klaus Wächtler wurde am 11. Juli 1938 in Kiel geboren. Nach Kindheit und Schulzeit an der Lübecker Bucht studierte er ab 1958 in München, Genf, Kiel und London Biologie und Germanistik. 1966 promovierte er in Kiel mit der Arbeit „Die Verbreitung von lysosomalen Enzymen im Urodelengehirn: Ein Beitrag zur Chemoarchitektonik des Zentralnervensystems niederer Wirbeltiere“. Anschließend wechselte er an das 1965 neu gegründete Institut für Zoologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover, an der er sich 1973 mit der Arbeit „Vergleichend-histochemische Untersuchungen zur Acetylcholinesteraseverteilung im Telencephalon von Wirbeltieren“ habilitierte. Prägend in dieser Zeit war sein enger Kontakt zum Göttinger Max-Planck-Institut und der Arbeitsgruppe von Victor P. Whittaker. Bis zu seiner Pensionierung 2002 blieb Klaus Wächtler an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover als Professor für Vergleichende Neurobiologe.
Klaus Wächtler war ein vielfältig interessierter Naturkundler. Es gab nur sehr weniges, für das er sich nicht interessierte. Er verstand es, im Sinne Alexander von Humboldts die erlebte Natur mit der Literatur und der Kunst zu verbinden.
Er war vielen Naturinteressierten ein guter Freund und Lehrer. Sein Zitatenschatz war schier unerschöpflich.
Seine Art zu lehren, zog Generationen von Studierenden in seinen Bann. Er war bei allem was er lehrte, inkludierend und nicht ausgrenzend. Er wollte Studierende für seine Sache, die Natur, begeistern. Es war faszinierend zu erleben, wie sehr er sich für scheinbar profane Naturbeobachtungen begeistern konnte. An dieser Begeisterung wollte man als Studierender teilhaben dürfen. Es spielte kaum eine Rolle, ob es um Feuchtbiotope des Süßwassers, Meergraswiesen oder das Sandlückensystem des Watts ging, Klaus Wächtler verstand es, seine Zuhörer mitzureißen. Aus der Fraßspur einer Miniermotte, die er zufällig am Wegesrand entdeckte, zauberte er eine biologische Lehrstunde für seine Begleitung und war dabei nie langweilend, sondern schloss alle Umstehenden in seine Begeisterung für den zu beobachtenden Naturprozess mit ein.
Sein besonderes Interesse galt der Ornithologie, die ihn sein Leben lang begleitete. Er hatte schon während seiner Schulzeit Vögel beobachtet und zum Beispiel Uferschwalben beringt.
Er war gern draußen in der Natur. Die Natur war für ihn in allen Ländern lohnenswert, seine besondere Zuneigung galt aber dem Ostseeraum. Er hatte ein sehr umfangreiches Wissen über die unterschiedlichsten Tiergruppen. Es spielte dabei keine Rolle, ob es um Articulata oder Vertebrata ging. Im Zoo habe ich ihn mit gleicher Begeisterung Elefanten wie Spulwürmer betrachten sehen. Er wusste zu allem etwas Interessantes zu berichten. Auch wenn es häufig humorvoll vorgetragen war, war es inhaltlich nie leichtfertig gesprochen, es war fachlich korrekt.
Neben seinem Wirken als Wissenschaftler, Lehrer und Naturfreund hat Klaus Wächtler immer aktiv Stellung bezogen zu Themen wie Demokratie, Gerechtigkeit in der Gesellschaft und Humanität. Seit den 1990er-Jahren setzte er sich intensiv mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinander. In Eutin war er Mitbegründer des Arbeitskreises 27. Januar, der seit 1996 zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz Veranstaltungen und Begegnungen mit Überlebenden organisierte. Das Bestreben Klaus Wächtlers ist es stets gewesen, die wehrhafte Demokratie und eine starke Zivilgesellschaft vor Ort zu schaffen und zu stärken. Im Jahr 1997 lud er etwa den Auschwitz-Überlebenden Rudolf Vrba ein, um vor Studenten und Polizeischülern in Hannover und Schülern in Eutin zu berichten und zu diskutieren.
Klaus Wächtler war immer voller Projektideen, von denen er viele umsetzte. Nachdem ein naturinteressierter Arzt ihm eine Perle aus einer Perlmuschel in der Lutter brachte, war sein Interesse für diese Tiergruppe geweckt. Er gründete in seinem Umfeld eine kleine Forschergemeinde, die sich mit der Biologie von Süßwassermuscheln beschäftigte. Mit den Jahren hat sich Klaus Wächtler auch in diesem Bereich einen Namen gemacht. Er veröffentlichte schließlich auch ein Buch zu diesem Thema als Herausgeber: Ecology and Evolution of the Freshwater Mussels Unionoida, zusammen mit Gerhard Bauer, Springer Verlag.
Im Jahr 2016 veröffentlichte er zusammen mit Jorge Groß, Hansjörg Küster und Manfred Thies das Buch: Leben in Gezeiten, VerlagsKG Wolf; Magdeburg.
Klaus Wächtler war immer ein Familienmensch und es war ein besonderes Vergnügen, ihn und seine Familie in seinem Eutiner Haus und Garten zu erleben oder gemeinsame Spaziergänge an die Ostsee zu unternehmen.
Klaus Wächtler war ein unermüdlich Lehrender, Beobachtender und Lernender.
Mit Klaus Wächtler verlieren wir einen großen Menschenfreund, der uns sehr fehlen wird.
Er war aufgrund seiner kommunikativen und humorvollen Art überall gern gesehener wissenschaftlicher Kollege und Freund. Schade, dass wir ihn nicht mehr erleben dürfen.
Am 4. März 2017 ist Klaus Wächtler in seinem Zuhause in Eutin gestorben. Wir werden ihn in gutem Andenken behalten!